Schülerinnen des Gymnasiums Osterholz-Scharmbeck und der IGS gemeinsam im Kunstkurs

Kunst-Ausstellung

Einer Idee Gestalt gegeben

Christa Neckermann 18.01.2019

Schülerinnen haben sich im Kunst-Leistungskurs mit Themen auseinandergesetzt. Dabei sind Werke entstanden, von denen einige derzeit im Hamberger Rathaus zu sehen sind.

Joana Pürwitz findet den Plastikmüll in den Weltmeeren eklig. Ihre Wal-Plastik mit einem Maul voller Kunststoffmüll soll deutlich machen: Die Lebewesen im Wasser müssen es ausbaden. (Christa Neckermann)

Hambergen. „Jeder Mensch ist ein Künstler, sagte Joseph Beuys, ich dagegen sage, jeder Mensch ist kreativ! In Ihren Kunstleistungskursen werden Sie kreativ und fertigen Werke mit anspruchsvollen Vorgaben und Zielen“, sagte Hambergens Samtgemeindebürgermeister Reinhard Kock bei der Eröffnung der Ausstellung „-ion“ im Hamberger Rathaus. Was es mit „-ion“ auf sich hat, erläuterte Kunstlehrerin Kim Triebe, unter deren Leitung die 14 Abiturientinnen des Gymnasiums Osterholz-Scharmbeck und der IGS ihre Arbeiten angefertigt haben.

„Ein Suffix ist in der linguistischen Morphologie eine Anhangssilbe, eine Endung. Die Silbe ion ist eine der für Substantive am häufigsten verwendeten Suffixe“, erklärte Kim Triebe den Titel der Ausstellung. „-ion“ gehöre zu den produktivsten lateinischen Suffixen der wichtigsten europäischen, auf Lateinisch basierenden Sprachen, darunter Deutsch und Englisch. Sie beende Worte wie Destruktion, Proportion, Infektion oder Option. Triebe sagte: „Spannend wird es bei Abstraktion, Funktion oder Präsentation.“

Auseinandersetzung mit einer Silbe

Zunächst mussten sich die angehenden Künstlerinnen mit einer „-ion“ ihrer Wahl auseinandersetzen, die Vorsilben vor der Endsilbe betrachten und dann ein Konzept dazu entwickeln. „Die Themen der Künstlerinnen sind raumgreifend, linear, plakativ, chromatisch, monochrom, intensiv, malerisch, hängend und minimalistisch“, beschrieb Kim Triebe die Ausstellungsstücke, die bis zum 23. März während der Öffnungszeiten im oberen Stock des Hamberger Rathauses zu sehen sein werden.

Die Abiturientinnen nutzten für ihre Arbeiten das im Schulgebrauch relativ neue Verfahren der freien Werkstattarbeit. Herausgekommen sind dabei Zeichnungen und Gemälde, ebenso aber auch Fotografien, Skulpturen oder Installationen. Wie alle guten Künstler haben die jungen Damen dabei eigene Erlebnisse und Erfahrungen, auch eigene Ängste in ihre Arbeiten einfließen lassen. So, wie etwa Joana Pürwitz, die mit ihrer Arbeit, einem mit Plastikmüll überfressenen Wal, das Thema „Destruktion“ bearbeitete. Die Arbeit aus mit Acryl bemaltem Pappmaschee macht auf erschreckende Weise das Ausmaß von Umweltverschmutzung und den Folgen für die Tierwelt in den Ozeanen deutlich. Die Verschmutzung der Meere mit Plastik stelle uns bereits heute vor große Probleme, die nicht mehr allein von einem Land gelöst werden können.

Andere spannende Themen, die die Nachwuchskünstlerinnen aufgriffen, waren Diskussion, die zeichnerische Darstellung einer Gesprächsrunde, oder Explosion, die Aileen Elster in Öl auf Leinwand als eine terrestrische Abrissbirne darstellte, die einer Frau ausdrucksstark gegen den Kopf knallt.

Viel Beachtung bekam auch die Installation von Celina Dadschun, die mit „Verschwörung der Dämonen“ eine Plastik aus Bauschaum und Gips geschaffen hatte, die zum Austausch mit dem Betrachter aufforderte. Die einem Rad ähnelnde Plastik versinnbildlicht sehr schön die Problematik einer Depression, sich nicht aus dem „Kreis der negativen Gefühle“ befreien zu können. In einem Tagebuch, das bei der Plastik ausliegt, können die Betrachter anonym ihre Gedanken dazu äußern.

Kunstlehrerin Kim Triebe nannte das in ihrer Laudatio „irritierend und anziehend zugleich“, bei genauerer Betrachtung der Werke erschließe sich die tiefgründige Bedeutung.

Das empfanden die Gäste der Ausstellungseröffnung ebenso, denn vor den Werken entwickelten sich rege Gespräche mit den jungen Künstlerinnen. So hatte es sich auch Samtgemeindebürgermeister Reinhard Kock gewünscht, als er darauf hinwies, dass Kunst eine Form der Kommunikation zwischen Kunstschaffenden und Betrachtern sei.

Veröffentlicht in Kunst.